Die Feier der geschichtlichen Erlösungsgeheimnisse, die den Inhalt des Kirchenjahres bilden, ist mit Pfingsten abgeschlossen. Nun gilt es, das neue Leben, das uns geworden, zu bewähren und der Vollendung entgegen reifen zu lassen. Deshalb stellen die Sonntage nach Pfingsten an den Getauften die große Aufgabe, das in der Tauferneuerung gewonnene und in der Geistsendung neu besiegelte übernatürliche Leben durch die Teilnahme am hl. Opfer und durch den Genuß der hl. Eucharistie zu nähren und zu kräftigen, es widerstandsfähiger zu machen und immer vollkommener von allen Hemmnissen zu befreien, das Unheilige, Gottfremde, das sich einmischen will, auszuscheiden und sich mit ganzer Sehnsucht dem jenseitigen Ziele, dem Herrn in seiner Verklärung, unsrer ewigen Heimat, zuzuwenden. Jeder Sonntag muß in uns Ostern und das Osterglück: den Empfang der Taufe, der Firmung und Eucharistie, neu aufleben und uns immer tiefer in die Welt Christi und seiner Gnade eingehen zu lassen. So wird die Zeit nach Pfingsten für die Kirche die Zeit der Entwicklung und Vollendung des Gottesreiches auf Erden und schließt sich harmonisch an Pfingsten, das Gründungsfest der hl. Kirche, an.
Die Sonntage nach Pfingsten bilden keinen eigenen Festkreis, sondern sind der Ausklang des Osterfestkreises. Die Zeit nach Pfingsten dehnt sich über 23 bis 28 Sonntage, also nicht selten über ein halbes Jahr aus. Sie gliedert sich aber deutlich in zwei Abschnitte. Der erste reicht bis zum 18. Sonntag nach Pfingsten und hält sich an das Ostergeheimnis; der zweite Abschnitt ist ziemlich stark eschatologisch, d.h. endzeitlich, gerichtet und schaut vorwärts, der Zukunft, der Wiederkunft Christi, entgegen.
Damit ist die Seelenhaltung für diese Zeit bestimmt: sie ist freudiger, jubelnder Dank für das unverdiente Geschenk der Gnade der Erlösung, die uns in ihren ersten beglückenden Anfängen durch die hl.Taufe zuteil wurde; sie ist unverdrossener Kampfeswille gegen Sünde, Satan, Fleisch und Welt, Eifer für ein Leben aus und nach der hl. Taufe, Firmung und Eucharistie; sie ist endlich eine tatenfrohe Sehnsucht nach der Vollendung der Erlösung, nach dem Himmel, nach dem Angesichte des Herrn.
Für die Zeit nach Pfingsten sind charakteristisch viele besondere Feste des Herrn und seiner Heiligen. Gleich am Anfang steht das Fest der allerheiligsten Dreifaltigkeit, die Urgrund und Endziel aller gefeierten Geheimnisse des heiligen Jahres ist. Nach wenigen Tagen folgt das Hochfest des Fronleichnams, des himmlischen Brotes, des neuen, gottgeschenkten Lebens. Eine Woche nach dem Fronleichnamsfest ist das Fest des gottmenschlichen Herzens, in dem wir die unerschöpfliche Quelle der festlich begangenen Erlösungstaten und der Sakramente feiern.
In diesen Zeitraum fallen auch viele Feste der Heiligen. Sie sind uns Vorbilder und Fürbitter auf den Wegen übernatürlichen Wachsens und Reifens. So feiern wir eine Reihe von Festen der Mutter Gottes und der Apostel, das Fest des großen hl. Laurentius, die beiden Feste des Vorläufers Christi (24. Juni und 29. August), die Engelfeste (29. Sept. und 2. Okt.) sowie eine große Zahl kleinerer Heiligenfeste. An der Neige dieser Zeit stehen krönend das Christ-Königs-Fest, das Fest des Königs aller Heiligen, und das Hochfest Allerheiligen. Dieser Zeitraum heißt deshalb mit Grund die besondere Heiligenzeit oder das „Halbjahr der Heiligen“.
Nach einigen der ältesten Heiligenfeste dieser Zeit wurden früher die ihnen folgenden Sonntage benannt. Man kannte z. B. Sonntage mit der Bezeichnung „nach Peter und Paul“, „nach St. Laurentius“, „nach St. Michael“. So war die lange Reihe der Sonntage nach Pfingsten in kleinere Gruppen unter dem Namen allbekannter Heiligen eingeteilt. Im heute geltenden gottesdienstlichen Kalender der römischen Kirche werden diese Sonntage gemäß einer andern alten Gewohnheit einfach „nach Pfingsten“ benannt und durchgezählt.
Die Liturgie dieser Sonntage nach Pfingsten bildete sich aus hauptsächlich vom 6. bis 12. Jahrhundert.
Die Kirchenfarbe ist grün, die Farbe des Lebens in der Natur und der Hoffnung auf eine selige Vollendung bei der Wiederkunft Christi.