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EINFÜHRUNG

1. Kl. mit Oktav 1. Kl. – Farbe weiß
Stationskirche: Groß St. Marien

  1. «Fest der Feste» wird Ostern seit uralten Zeiten genannt, weil es, wie der hl. Bischof Gregor von Nazianz sagt, alle andern Feste überragt, wie der Glanz der Sonne die Sterne überstrahlt. In der Mitte des 5. Jahrhunderts sagt der hl. Papst Leo der Große: «Unter allen Tagen, die die christliche Frömmigkeit in Ehren hält, steht Ostern an erster Stelle: durch Ostern erhalten alle anderen Feste der Kirche Gottes ihre Weihe.»

    Fest der Feste ist Ostern schon deshalb, weil es das älteste Fest ist: es reicht bis tief hinein ins Alte Testament. Das jüdische Osterfest (Pascha) erhielt das Andenken an das erbarmungsvolle «Vorübergehen» (das bedeutet Pascha, die aramäische Nebenform des hebräischen Pesach) des Würgeengels an den mit dem Blute des Osterlammes bezeichneten Häusern der Israeliten und damit überhaupt das Andenken an die sich daran anschließende wunderbare Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft. Die Juden feierten dieses Fest acht Tage hindurch.

    Im christlichen Osterfest lebt das altjüdische weiter fort, aber mit neuem Geiste erfüllt. Was dort in unvollkommenem Schatten vorbedeutet war, kam in Christi Leiden und Auferstehen zu vollkommener Erfüllung: Christus ist das wahre Osterlamm, wie der hl. Paulus in der heutigen Lesung sagt; er hat uns befreit vom Joche der Sünde und des alttestamentlichen Gesetzes. Weil im christlichen Osterfeste das alte, unvollkommene Erbe weiterlebt, spielt die Osterliturgie gern auf jene Vorbilder an, z.B. auf das Paschamahl, auf den Auszug aus Ägypten und den Untergang der Bedränger im Roten Meere.

    Seit die wahre Sonne aus der Nacht des Grabes emporgestiegen war, konnten sich die Christen nicht mehr mit dem Schatten des alttestamentlichen Osterfestes begnügen. So löste sich, wohl schon in apostolischer Zeit, das christliche Osterfest los von seinem jüdischen Vorbild: während die Juden ihr Ostern am 14. Nisan, am ersten Vollmond nach der Tag- und Nachtgleiche des Frühlings, hielten, feierten die Christen das Osterfest am Sonntag danach, an dem Tag, an dem der Heiland auferstand.

  2. Das Geheimnis der Auferstehung des göttlichen Heilandes ist so reich und so fruchtbar, daß sich seine Feier über eine ganze Woche erstreckt; acht Tage lang soll dies Geheimnis der Geheimnisse vor unsrer Seele stehen und unser Herz mit Festesjubel erfüllen.

    Die Liturgie dieser Tage ist ganz durchwoben von sinnreichen Beziehungen auf die Taufe, die uns die Auferstehung des Heilandes geistig miterleben ließ. In der Osternacht haben früher viele Erwachsene dieses Auferstehungsglück erfahren dürfen; in ihren blendend weißen Taufgewändern wohnten sie während der ganzen Woche dem feierlichen Gottesdienste bei und strahlten ihr morgenfrisches Osterglück in die Herzen aller Gläubigen. Manche Texte der Osterliturgie sind in erster Linie auf die Neugetauften zu beziehen.

    Danken wir daher in dieser Zeit für die hl. Taufe, widersagen wir aufs neue dem Satan und der Welt mit ihrem Geiste! «Christus stirbt nicht mehr, der Tod hat keine Gewalt mehr über ihn», sagt der Apostel (Röm. 6, 9) vom auferstandenen Heiland. Auch der getaufte, mit Christus von der Sünde auferstandene Christ soll nicht mehr durch die Sünde sterben, sondern sich im Leben der Gnade erhalten, ein neues Leben führen.

  3. Die neuen Ostern gehören zum Urbestande des Christentums und sind der Keim des liturgischen Festjahres geworden. Ostern wurde und blieb «aller Feste heilige Krone, blinkend in Christi Siegesglanz», wie der selige Notker von St. Gallen († 912) in einer Sequenz singt. Nach dem Eintreten des Friedens für die Kirche unter Konstantin d. Gr. († 337) bekam Ostern auch eine denkwürdige Bedeutung für das außergottesdienstliche Leben. Christus hat mit seinen Ostern die Gefangenen der Vorhölle befreit und auch uns Menschen – den gefangenen Knechten der Sünde, des Todes und des Urfeindes – durch die Ostergnade der hl. Taufe eine heilige Freiheit geschaffen. Seit dem 4. Jahrhundert pflegte man zur Ehrung dieser Wohltaten Christi auf Ostern Gefangene und Sklaven freizulassen. So wurden der Ostergedanke und die Osterfeier früh zu einer lautern Quelle christlicher Milde und Volksgesittung.

    Am Osterfeste werden vielfach Speisen geweiht, wie Eier, Fleisch, auch Brot – ein Brauch, der wohl dem Umstand sein Entstehen verdankt, daß nach strenger kirchlicher Fastenübung Fleisch und Eier während der ganzen heiligen Fastenzeit nicht genossen werden durften, und daß man nach der langen Zeit der Entbehrung jene Speisen gleichsam aus der Hand der Kirche, durch deren Segen geheiligt, wieder empfangen wollte. – Das Ei ist zugleich ein uraltes Sinnbild der Auferstehung. Die Schale bedeutet das Grab; aus ihr geht ein lebendiges Wesen hervor. Die mancherorts üblichen Osterfeuer erinnern daran, daß Jesus Christus, das himmlische Licht und Feuer, das am Karfreitag erloschen schien, nur um so heller am Ostermorgen aufleuchtete. – Der Name Ostern kommt nach dem hl. Beda († 735) wahrscheinlich von einer altdeutschen Gottheit: Ostara, Eastra, der Gottheit des strahlenden Morgenrotes, des aufsteigenden Lichtes.

  4. War die Statio der Ostervigil, der Eröffnung der Auferstehungszeit, die Heilandbasilika des Lateran, so diente dem vormittägigen Hochamt des Ostertages als Statio die nahegelegene, königlich thronende und strahlende Marienbasilia auf dem Esquilin. So entfaltete sich die hochfestliche, siegesfrohe Feier des Osteropfers zu Rom im Heiligtum jener, die dem blutigen Kreuzesopfer auf Golgotha beigewohnt hatte. Dies ist ein zarter, freudiger Gruß an die Mutter des Ostersiegers. Die Kirche Roms führte ungesäumt die Täuflinge in ihren weißen Taufgewändern der jungfräulichen Gottesmutter zu. Sie ist die Mutter Christi, aber auch die Stammutter des neuen, durch Christus erlösten Menschengeschlechtes, die Mutter der Getauften, die aus dem Geiste und dem Wasser durch die Ostergnade in ein neues Leben und Reich wiedergeboren sind. Es ist die Statio der Kinder bei ihrer heiligen Mutter in gemeinsamer Osterfreude.

  5. Mit dem auferstandenen Heiland selbst geistig auferstanden, bringen wir dem himmlischen Vater im Introitus die Huldigung des Dankes dar. Wir dürfen ja jetzt ein vollkommeneres Osterlamm essen als die Israeliten; müssen aber deshalb auch rein sein (Epistel). Die Sequenz ist ein lebhaftes Zwiegespräch zwischen der Kirche und der «Apostolin» Magdalena. Im Evangelium vernehmen wir mit den Frauen die Kunde: «Er ist auferstanden.» Wir glauben und treten huldigend an die Seite des eben noch scheinbar besiegten Siegers; vor ihm zittern und verstummen, die ihn besiegt haben (Offert.). Der Auferstandene, wieder in unsrer Mitte erschienen, wird in der hl. Kommunion unsre Speise, unser Osterlamm. Laßt uns daher fröhlich Ostermahl halten (Comm.) und den Geist der Bruderliebe und Eintracht bewahren (Postcomm.).



Abtei Mariawald
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