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Einen wichtigen Bestandteil des Kirchenjahres bilden die  Heiligenfeste. Gleichwie am Firmamente die alles beherrschende  Sonne vom Mond begleitet und von ungezählten Sternen verschiedener Größe umgeben erscheint, so sind in den Kreis des Kirchenjahres, das sich um die geistige Sonne, um Christus, bewegt, mannigfaltige Feste der Mutter Christi und seiner Heiligen eingestellt. Wie der Mond und die Sterne unseres Sonnensystems all ihr Licht vom Glanze der Sonne empfangen, so erstrahlen auch alle diese Heiligen von jenem Gnadenlichte, das sie von Christus empfangen. Deshalb ist die liturgische Heiligenverehrung der katholischen Kirche im Grunde genommen nichts anderes als eine  Ehrung  Christi. 
  
An diesen Festen ehrt die Kirche die Heiligen als die bewährten, nun ewig verklärten  Freunde  Gottes, als die erprobten  Ahnen  und Helden  des Gottesreiches und als  Vorbilder  eines auf Gott eingestellten Lebens. Auch empfiehlt  sie sich im Vertrauen auf ihre Verdienste ihrer  Fürsprache  am Throne Gottes.
  
Die Heiligenfeste sollen in uns die «Gemeinschaft  der  Heiligen» zu einer innigen, fruchtbaren  Seelen- und Geistesgemeinschaft werden lassen. Wie die Liturgie  die Heiligen niemals für sich allein  ehrt, sondern nur in ihrer übernatürlichen Lebensverbindung mit Christus, dem Haupte, und mit dessen Gliedern, vor allem der streitenden Kirche auf Erden, so müssen auch wir uns eins fühlen mit ihnen. Wir dürfen unsre Gebete und Opfer, durch ihre  Verdienste und Genugtuungen verstärkt, vor Gottes Thron bringen. Freilich kann das  eucharistische  Opfer  nur  Gott dargebracht werden, es darf aber nach der Lehre des Konzils  von Trient auch zu  Ehren  der  Heiligen  gefeiert werden, um Gott für die von ihnen errungenen Siege zu  danken  und ihre  Fürbitte  zu erflehen. Dieser Dank ist eigentlich nur eine Anerkennung der Liebe, Güte und Allmacht Gottes, die sich an den Heiligen so vollkommen bewährt hat. Wir suchen uns ihre Fürsprache zu sichern, und zwar «durch Christus, unsern Herrn», in dem die Fürsprache der Heiligen ihren letzten Grund hat, weil er der einzige Mittler ist zwischen Gott und den Menschen (2 Tim. 2, 5).  
  
Die  Heiligenfeste  haben das Eigentümliche, daß sie nicht etwa am irdischen Geburtstage des Heiligen gefeiert werden, sondern am  Todestag.  Dieser ist nämlich nach der uralten Anschauung der Kirche der Geburtstag  der Heiligen fürs ewige, himmlische Leben, der Tag, an dem ihnen  «der sanfte und festfrohe Anblick» ihres Erlösers aufging und das Fest der Ewigkeit anbrach.
  
Wenn die Kirche  die Heiligen  durch einen eigenen  Kranz von Festen ehrt, so ist das nur eine Entfaltung der Heiligenverehrung bei jeder heiligen Messe; denn öfters läßt die Kirche ihre Priester am Altare liebreich der Heiligen gedenken; so zweimal im Kanon: in den Gebeten «Communicantes» und «Nobis quoque peccatoribus», dann nach dem Vaterunser im Gebet «Libera».  
  
 
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Es war in der Frühzeit der Liturgie Brauch, die Heiligen am Jahrestag   ihres  Heimgangs, und zwar ursprünglich nur am  Orte  des  Todes  oder der  Grabesruhe, in festlichem Gottesdienste zu ehren. Nach und nach dehnte sich deren liturgische Verehrung auch auf andere  Kirchen  und Länder aus. Einige der Heiligen, die für die ganze Kirche von besonderer Bedeutung waren, z.B. die jungfräuliche Gottesmutter Maria, der hl. Johannes der Täufer, der Erstlingsmartyrer Stephanus, die Apostelfürsten Petrus und Paulus, wurden gleich vom Anfang ihrer liturgischen Verehrung an in der ganzen Kirche geehrt. 
  
Am  frühesten  genossen liturgische  Verehrung jene Heiligen, die dem Herrn, sei es im Leben durch Verkündigung  des Christentums, sei es vor allem im Tode, besonders ähnlich geworden waren: die  Apostel  und Martyrer. Schon in der Mitte des 3. Jahrhunderts stand in Rom  die Verehrung der heiligen Martyrer in hoher Blüte: schon damals bildete neben dem Gedanken der Verehrung auch der Fürbittgedanke einen festen Bestandteil des Kultes der Martyrer.
  
Nach der Heldenzeit der Christenverfolgungen dehnte sich im 4. Jahrhundert die Heiligenverehrung auch auf  Nichtmartyrer  aus. Zunächst waren es die großen heiligen  Mönchsväter und Mönche, die liturgisch geehrt wurden (wie Paulus und Antonius im Morgenland, Martinus im Abendland); dann heilige Oberhirten, besonders  Bischöfe, die für Christus und den Glauben, wenn auch nicht den Tod, so doch Verfolgung und Verbannung erduldet hatten; ihnen galt mit Vorzug der Ehrenname Confessores,  Bekenner, der mit der Zeit weitere Ausdehnung erfuhr. Die ersten Anfänge der besonderen liturgischen Verehrung der Bekenner liegen schon in der Zeit des hl. Cyprian (†  258) vor; dasselbe gilt von den Keimen der Verehrung gottgeweihter heiliger  Jungfrauen an deren Spitze  Maria, die Jungfrau der Jungfrauen, steht. Später wurde auch heiligen  Witwen  und  Eheleuten  liturgische Verehrung zuteil. Obwohl man die  Engel  schon sehr bald verehrte, kamen liturgische Feiern zu ihrer Ehre, besonders zu Ehren des Engelfürsten Michael, erst im 5. Jahrhundert auf.
  
Die Namen der gefeierten Heiligen wurden, nach den genau bestimmten Tagen der Festfeier geordnet, aufgezeichnet. Daraus entstanden die liturgischen  Festkalendarien. Aus der Mutterkirche  von Rom besitzen wir ein unvermischtes  aus dem Jahre 354 und ein mit auswärtigen Heiligennamen vermischtes, das vielleicht noch 40 Jahre älter ist. Beide sind ehrwürdige Ahnen und Vorstufen unsres heutigen römischen  Festkalenders der abendländischen Liturgie (Calendarium Romanum). 
 
 
 
   
Abtei Mariawald
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